Die Verbreitung unserer keltischen Stämme und unser enormer wirtschaftlicher und kultureller Einfluss auf die Geschichte Westeuropas ist für euch sicherlich umso erstaunlicher, als es nie einen keltischen Staat oder wenigstens einen Stammesbund gegeben hat. Letztendlich waren „die Kelten“ niemals etwas anderes als eine Vielzahl von benachbarten Stämmen, die teilweise sogar massiv miteinander konkurrierten und sich bekämpften. Wir selbst hatten auch keine gemeinsame Bezeichnung für uns und nahmen uns auch nicht als Volksgemeinschaft wahr. Die Bezeichnung „Kelten“ als Name für all unsere Stämme, beziehungsweise für unsere Volksgruppen, verdanken wir dem Griechen Herodot, der uns im 6./5. Jahrhundert v. Chr. erstmals als Κέλτοι bezeichnete.
Die Größe unserer einzelnen Stämme war sehr unterschiedlich: kleine Stämme hatten um die 50.000, die größten um 200.000 Männer. Überwiegend waren wir Kelten Bauern und Handwerker, die jedoch schon bald in den ersten „Großstädten“ Europas zu einer arbeitsteiligen Gesellschaft zusammenwuchsen, wie zum Beispiel eure Funde im Oppidum Manching bei Ingolstadt aufzeigen. Das Oppidum beherbergte bis zu 3000 Einwohner und war mit einer kreisrunden Umfriedung aus Wällen und Holzflechtwerk von 7 km Länge umfasst. Um so viele Menschen versorgen zu können, war eine Arbeitsteilung und eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten erforderlich. Getreide war ein wichtiges Grundnahrungsmittel und Schweinefleisch bekam eine zunehmend große Bedeutung. Für die Ernährung der Einwohner des Oppidum Manching mit Getreide war eine Anbaufläche von ca. 1500 ha nötig. Tagesleistung eines Hakenpflügers betrug ungefähr 5 Ar und zur Ernte von 1 ha Getreide benötigten zwei bis drei Personen ca. 12 bis 17 Tage zum Sicheln und Einbringen der Ernte.
Erklären lässt sich unser Erfolg am ehesten durch die zentrale Lage unseres ursprünglichen Stammesgebietes mitten in Europa und an Knotenpunkten des damaligen Netzes von Fernhandelswegen, die die Küsten von Nord- und Ostsee mit dem Mittelmeerraum verbanden, aber auch die am Atlantik gelegenen Gebiete mit den im Osten siedelnden Völkern. So wurden Metalle, Felle, Bernstein, aber auch Lebensmittel, wie Honig, Schweine und sogar Austern über weite Strecken transportiert und ausgetauscht, wie eure Funde an allen bisher ausgegrabenen keltischen Fürstensitzen in Deutschland (zum Beispiel Heuneburg, Hochdorf und Glauberg) und Frankreich (zum Beispiel Vix) belegen.
Wir Kelten waren dabei berühmt für unsere Fähigkeiten in der Metallverarbeitung. Das gilt sowohl von Anfang an für die Verarbeitung von Bronze, aber dann vor allem auch für die Eisenverarbeitung, die wir dank der reichlichen Verfügbarkeit entsprechend gut geeigneter Rohstoffe in unserem vorrangigen Stammesgebiet erreichen konnten:
• hohe Schmelzgrade durch Holzkohle aus Buchenholz
• Schwerter und Geräte aus Eisen
• Exportgut Eisengerätschaften und -barren
Dank der Goldgewinnung in den Alpen konnten unsere Schmiede und Künstler aber auch gerade in der Herstellung von Schmuck glänzen. Die Salzgewinnung war ein weiteres wichtiges Standbein unserer Gesellschaft, da Salz in unserer Zeit als Konservierungsmittel von zentraler Bedeutung war. So zählten gepökeltes Schweinefleisch und gesalzene Butter zu den beliebtesten Exportprodukten für den Mittelmeerraum. „Hal“, unser keltisches Wort für Salz; findet sich auch in eurer Zeit noch in vielen Namen, wie z. B. Halle, Hallstatt.